Der Risikofaktor

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Von jungen Fahrern ohne viel Erfahrung geht im Straßenverkehr ein großes Unfallrisiko aus. Jetzt ist auch die Fahrausbildung selbst in die Kritik geraten, extrem hohe Durchfallquoten geben Rätsel auf.

Erfahrung ist das Wichtigste beim Autofahren, darin sind sich langjährige Autofahrer einig, wenn sie an ihre eigenen ersten Fahrten nach Bestehen der Führerscheinprüfung zurückdenken. Denn während Fahranfänger in kritischen Situationen oft falsch reagieren und es dadurch zu Unfällen kommt, reagieren Autofahrer, die seit Jahrzehnten hinterm Steuer sitzen und schon zehntausende Kilometer gefahren sind, oft instinktiv richtig. Sie kennen sich und ihr Auto, sie wissen, was zu tun ist, wenn sich die Kurve als zu eng für die gefahrene Geschwindigkeit erweist oder wenn sie beim ersten Schnee des Jahres ins Rutschen kommen.

So ist es vor allem die Gruppe der Fahranfänger, der 18- bis 25-Jährigen, die überdurchschnittlich viele Unfälle verursacht und den Verkehrssicherheitsexperten Kopfzerbrechen bereitet. Erst vor wenigen Jahren wurde – entgegen heftiger Widerstände aus der Politik und von verschiedenen Interessenverbänden – das "begleitete Fahren mit 17" eingeführt. Der Erfolg gibt dem Modell recht und jetzt wird sogar über eine Ausweitung nachgedacht. So sagt Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, er könne sich sogar ein "begleitetes Fahren ab 16" vorstellen. "Fahren lernt man durch Fahren", so von Bressensdorf. Und das könne man am besten "im nicht gefährlichen Raum. Also nicht nachts mit den Freunden von der Disco nach Hause fahren, sondern tagsüber mit einem Elternteil auf dem Beifahrersitz."

  • 16,4 % aller Unfälle mit Personenschaden wurden im Jahr 2011 durch 18- bis 24-jährige verursacht. 
  • 19,5 % der an Unfällen mit Personenschaden beteiligten Pkw-Fahrer waren im Alter zwischen 18 und 25 Jahren.
  • 23,0 % der Unfälle, bei denen Pkw-Fahrer als Hauptverursacher ermittelt wurden, waren von einem 18- bis 25-Jährigen verursacht.
  • 71,3 % der Unfälle mit Personenschaden, an denen ein 18- bis 25-Jähriger beteiligt war, wurden auch von diesem verursacht.
  • 26,3 % aller getöteten Benutzer von Pkw gehörten im Jahr 2011 der Altersgruppe der 18- bis 25- Jährigen an.

Quelle: Statistisches Bundesamt

Neben dem begleiteten Fahren erweist sich auch das Alkoholverbot für junge Fahranfänger als Volltreffer bei dem Streben nach mehr Verkehrssicherheit. So hat beispielsweise die Polizei aus Baden-Württemberg während der diesjährigen Karneval-Saison 1.247 betrunkene Autofahrer erwischt – lediglich 23 Fahrer waren noch in der Probezeit und müssen jetzt ein Aufbauseminar besuchen. Außerdem wird ihre Probezeit verlängert, sie müssen eine Geldbuße von 250 Euro zahlen und erhalten zwei Punkte im Flensburger Zentralregister. Ein richtiges Problem wird Alkohol am Steuer aber nach der Probezeit, wenn auch für die jungen Autofahrer eine Promillegrenze von 0,5 gilt. Im Jahr 2012 gehörten 31,5 Prozent der 338 bei Alkoholunfällen getöteten Verkehrsteilnehmer zur Gruppe der jungen Erwachsenen. 

Menschen fahren, 

wie sie leben

Doch pauschal lässt sich die Gruppe der "jungen Fahrerinnen und Fahrer" nicht so einfach als Hochrisikogruppe klassifizieren. Denn "zahlreiche nationale wie auch internationale Studien belegen, dass innerhalb dieser Gruppe beträchtliche Unterschiede im Hinblick auf eine Gefährdung im Straßenverkehr bestehen und diese sehr stark mit dem jeweiligen Lebensstil der jungen Menschen verknüpft sind", sagt Dr. Hardy Holte von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).  So kamen bereits Ende der 40er Jahre zwei Unfallforscher durch ihre Studien zu der Überzeugung, dass "Menschen fahren, wie sie leben". William Tillmann und George Hobbs formulierten ihre Erkenntnis so: "Personen, die sich in ihrem Alltag durch Toleranz und Rücksicht auszeichnen, werden diese Eigenschaften auch beim Autofahren zum Ausdruck bringen und sind weniger unfallgefährdet als intolerante und rücksichtslose Menschen."

Eine aktuelle, repräsentative Studie der BASt bestätigt diese früheren Ergebnisse und liefert auch neue Befunde über "die lebensstiltypische Ausprägung verschiedener verkehrssicherheitsrelevanter Erwartungen und Einstellungen sowie des Temperaments der Befragten", erläutert Holte. So ergab die Studie sechs verschiedene Lebensstilgruppen, die sich "im Hinblick auf verkehrsbezogene, soziodemografische und psychologische Merkmale unterscheidet."

In den Fokus der Unfallforscher rückte dabei besonders der "autozentrierte Typ", der, so Holte, mit einem Anteil von zehn Prozent an der Gesamtgruppe der jungen Autofahrer vertreten ist. Dabei hat diese Gruppe sowohl den mit Abstand höchsten Anteil an Unfallbeteiligten (39 Prozent), als auch den höchsten Anteil an Personen mit mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister (27 Prozent). Und es sind vor allem diese zehn Prozent, die dafür sorgen, dass die Gruppe der jungen Autofahrer in ihrer Gesamtheit als extrem risikobereit wahrgenommen wird. Denn der "autozentrierte Typ" unterscheidet sich in eklatanter Weise bei den verkehrssicherheitsrelevanten Wesenszügen von den fünf weiteren von den Forschern ermittelten Gruppen. So halten sie sich für sehr kompetente Autofahrer, fahren gerne schnell und neigen zu aggressiven Verhaltensweisen. Das "begleitete Fahren mit 17" wird von dieser Gruppe kategorisch abgelehnt.

Auch diese innere Einstellung macht es schwierig, mit dieser Gruppe zu arbeiten – die Theorie bestätigt in diesem Fall die Praxis. Denn während die Forscher der BASt dem "autozentrierten Typen" theoretisch nachspüren, wird an anderer Stelle schon praktisch mit ihm gearbeitet. So zum Beispiel in Bayern, wo vor zehn Jahren das Projekt "Ernstnehmende Verkehrssicherheitsarbeit" (EVA) startete. EVA richtet sich gezielt an die Gruppe von Fahranfängern, die besonders häufig in Verkehrsunfälle verwickelt ist: Sie sind männlich, zwischen 18 und 21 Jahre alt, machen eine gewerbliche Ausbildung, fahren schnelle und aufgemotzte Autos, stürzen sich oft ins Nachtleben und trinken viel und gerne Alkohol. Da aber ausgerechnet diese Gruppe schwierig zu erreichen ist, geht EVA direkt an die gewerblichen Schulen – als Teil des Unterrichts. Jeweils drei bis vier Schüler sind mit einem Fahrlehrer unterwegs, jeder darf mal ans Steuer, zum Schluss bewerten sich die Autofahrer gegenseitig – mit für manch einen ganz neuen Erkenntnissen.

Solche Feedbackfahrten, wie sie auch das zentrale Element von EVA sind, werden von Verkehrssicherheitsexperten in den letzten Jahren immer wieder ins Gespräch gebracht. Die Idee dahinter zielt darauf ab, dass die Phase des "Fahrenlernens" nicht mit dem Führerscheinerwerb abgeschlossen ist, sondern dass nach einer bestimmten Zeit noch einmal eine Fahrschule aufgesucht wird. Bei diesen Feedbackfahrten könnten dann problematische Verhaltensweisen, wie etwa ein vergessener Schulterblick oder das Beschleunigen vor einer gelben Ampel, angesprochen und den Fahranfängern ins Bewusstsein gerückt werden. Der Verkehrspsychologe Carl Vierboom ist ein Verfechter der mehrphasigen Fahrausbildung. Er sagt, dass der "Gewinn an Professionalität und Selbstsicherheit" an erster Stelle stehe, nicht "Strafe, Stigmatisierung oder Schurigeln".

Denn eines ist allen Verkehrssicherheitsexperten klar: Mit Freiwilligkeit, wie beim "begleiteten Fahren", werden nicht alle Führerscheinneulinge erreicht. Vor allem die Hauptrisikogruppe wird wohl nur mitmachen, wenn die Teilnahme verpflichtend ist.

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